Bild für Blogtext Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus mit dem Thema Umgang mit Emotionen

Morgen sieht die Welt schon anders aus

„Kind, schlaf erst mal ne Nacht drüber und morgen sieht die Welt schon wieder anders aus“, war ein häufiger Ratschlag meines Vaters, wenn ich als Jugendliche Streit mit meinen Freundinnen hatte oder irgendetwas Unangenehmes passiert war ….

Im Schlaf erholt sich der Körper und die Seele verarbeitet und speichert ab, was wir am Tag erlebt haben. Konnte sich unsere Psyche während der Nacht ausreichend erholen, erscheinen Dinge, die uns am Vortag noch sehr belastet haben, am nächsten Morgen oft schon etwas leichter. Nun können wir in unserem Alltag nicht erst ein paar Stunden schlafen, wenn ein Ereignis, ein Streit oder ein Konflikt uns aus der Bahn wirft. Aber die Idee, mit zeitlichem Abstand (und etwas geklärteren Emotionen) zu reagieren, möchte ich heute mit Ihnen betrachten.

Nehmen wir ein Beispiel: Wir fühlen uns von unserem Partner im Gespräch kritisiert und angegriffen, werden wütend oder fühlen uns verletzt und reagieren unmittelbar aus der Verletzung heraus, in dem wir uns verteidigen oder unseren Partner zurück kritisieren oder beleidigt reagieren usw. …. Diese Verkettung aus „Konflikt – negativer Emotion – Reaktion“ läuft in unserem Alltag immer wieder ab. Häufig wundern wir uns, warum wir gefühlt immer mit den gleichen Konfliktsituationen/Themen konfrontiert sind …

Dazu ein paar Gedanken, damit wir uns und unser Handeln besser verstehen und Neues ausprobieren können: Konflikte und Streitigkeiten im Alltag lösen ALTE Emotionen, die in Kindheit und Jugend entstanden sind, in uns aus. Diese Emotionen der Kindheit haben wir in unserem Körper abgespeichert. Und diese alten Gefühle wie Wut, Trauer, Angst, Scham oder Schuld (o. ä) sind so schmerzhaft für uns, dass wir sie (natürlich) vermeiden möchten. Wir vermeiden sie, in dem wir unmittelbar in eine Handlung gehen. Wir flüchten in eine Aktion, um diese schmerzhaften Gefühle nicht zu spüren. Wir attackieren zurück, verteidigen uns, argumentieren, lenken ab, harmonisieren (usw). Oder wir lenken uns ab über die Flucht in Arbeit, Essen, Alkohol, oder geben schnell viel Geld aus 😊.

Diesen Kreislauf können wir mit etwas Bewusstheit, Nachsicht und Mitgefühl (& gerne auch Humor) für uns selbst nach und nach entkoppeln. Kommen wir dafür zurück zu unserem Eingangssatz: Wir können nicht erst ne Runde schlafen, aber wir können – je nach Situation – uns zurückziehen und uns Zeit nehmen, die ausgelösten Gefühle wahrzunehmen, zu verstehen und zu verarbeiten, BEVOR wir in eine Handlung gehen und reagieren.

Wenn wir unsere Gefühle zulassen und fühlen und uns dabei klar machen, dass hier eine AKTUELLE Situation ALTE Emotionen in uns auslöst, können wir die momentane Situation von den alten Gefühlen etwas trennen.

Gefühle sind nicht statisch, sondern fließend und ziehen durch uns durch. Gelingt es, unsere Gefühle wie durch uns durchfließen zu lassen, werden wir ruhiger, erleichterter, friedlicher und klarer und können aus dieser Klarheit heraus neu reagieren und handeln.

Hier ein paar Ideen, wie Ihnen das immer mehr gelingen kann:

Wenn möglich, nehmen Sie sich Zeit für Ihre Gefühle. Fühlen Sie diese bewusst. Versuchen Sie, dabei tief zu atmen (etwas länger ausatmen, als Sie einatmen) und stellen Sie sich vor, dass Ihre Gefühle Energiewolken sind, die durch Ihren Körper und aus ihm herausfließen.

Benennen Sie Ihre Gefühle (wenn möglich laut aussprechen) oder im Geiste. Ist es Wut? Fühlen Sie sich gekränkt? Schämen Sie sich oder empfinden Sie Schuld? …

Gibt es Körperempfindungen dazu? Fühlen Sie einen Druck, eine Enge im Körper? Beschreiben Sie für sich so detailliert wie möglich, was Sie empfinden. Dadurch gelangen Sie mehr in eine Beobachterposition und Sie identifizieren sich weniger mit Ihrem Empfinden.

Wenn Sie die Möglichkeit haben, schreiben Sie Ihre Gedanken und Gefühle auf. Auch hier gilt: Indem Sie Ihre Emotionen benennen, werden Sie mehr zum Beobachter Ihrer Gefühle und erreichen damit etwas Distanz.

Mit diesen Anregungen wünsche ich Ihnen eine gute Zeit.

Wie immer herzlichst, Ihre Anna Kötting

PS: Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass diese Anregungen in der Hektik unseres Alltags häufig untergehen. Aber jedes Mal, wenn wir etwas mehr Bewusstheit in unser Denken, Fühlen und Handeln bringen, sind wir schon einen kleinen Schritt weiter, über den wir uns freuen können 🙂

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